Sankt Franciskus von Assisi

Christliche Haltung zum Traum

     Im neuen Testament war es durch einen Traum, wie Joseph die Botschaft davon empfangen hat, dass er Maria obwohl sie schwanger war behalten soll. Auch dass er seinem Sohn den Namen Jesus geben soll, hat er im Traum vernommen. Die Drei Könige wurden durch einen Traum davor gewarnt zu Herodes zurückzureisen, und auch Joseph und Maria wurde in einem Traum bedeutet, dass sie aus Israel fliehen und nach Ägypten reisen sollen. Und die Frau von Pilatus hat ihren Ehemann auch wegen einem Traum davor gewarnt etwas mit dem Tod von Jesus zu tun zu haben (was wieder zeigt, dass alle solche Träume haben können).

     Auch nach Jesu Tod waren die Träume wichtig im Christentum. Konstantin und St. Augustinus haben sich beide dank Träumen zum Christentum bekehrt (Hiestand, 1994, pp. 52 - 53). Einerseits wurde zwar geglaubt, dass die Träumer in ihren Träumen dem Göttlichen näher kommen können, andererseits aber auch befürchtet, dass `unsere irrationalen Gefühle in den Träumen hervorbrechen könnten`. Im 4. Jahrhundert hat Gregory von Nyssa geschrieben, dass einige in Ihren Träumen mehr göttliche Offenbarungen haben als andere. Und St. Johannes Chrysostom von Konstantinopel erläuterte `dass der Träumer für die im Traum erlebten Taten nicht verantwortlich ist, und dass er sich wegen einem ungünstigen Traum weder unwohl noch schuldig zu fühlen braucht` (Van de Castle, 1994, p 74).

     Synesius von Kyrene, der im 5. Jahrhundert gelebt hat, sollte auch noch erwähnt werden. Er war Bischof in Ptolemais, und schrieb ein kleines Buch mit dem Titel `Zu Träumen`. Dieses Buch ist laut Morton Kelsey `die umsichtigste und anspruchsvollste Abhandlung zu Träumen bis wir zu den modernen Studien von Freud und Jung kommen` (Kelsey, 1968, p. 142). Synesius pries die Träume für all die Möglichkeiten, die sie eröffneten, wie etwa `mit den Sternen sprechen` oder das Verständnis des Blöken der Schafe. Er vermutete dass die Träume einerseits mythisch, andererseits auch aus unseren Emotionen erscheinen. Er war der Ansicht dass man Träume dazu nutzen sollte, in die Zukunft zu sehen und Probleme zu lösen. Und er behauptete auch, dass seine Träume ihm beim Schreiben seiner Bücher geholfen haben. Laut Van de Castle, soll `Synesius davor gewarnt haben, Traumdeutungsbücher beim deuten eines Traums zur Hilfe zu nehmen, da jede Person seinen eigenen `imaginative spirit` hat. Er ermutigte auch zum Gebrauch von eigenen Traumbüchern. Es ist sehr schade, dass während Synesius in der Orthodoxen Kirche viel Anerkennung genoss, er im westlichen Christentum völlig ignoriert blieb und es gibt erst seit 1930 eine englische Übersetzung seines Werkes (Van de Castle, 1994, pp. 75 - 77).

     Es scheint, dass St. Hieronymus, der im 4. Jahrhundert in einer Einsiedelei bei Bethlehem gelebt hat, die Christliche Haltung zu Träumen stark beeinflusst hat. Er war es, der die Vulgata Bibel erstellt hat, die von der Römischen Kirche vom Konzil in Trient (1545 - 1563) bis zum II. Vatikanischen Konzil (1965) autorisierte Version. Und obwohl sein christlicher Eifer dank einem Traum erweckt wurde, änderte er danach offenbar seine Meinung. Laut Van de Castle hat Hieronymus das Hebräische Wort "anan" (das er an anderen Stelle richtig als Hexerei oder Wahrsagerei übersetzt hat), oft auch als Traumdeuten übersetzte. So wurden einige die Hexerei (etwa Leviten 19:26, und Deut. 18:10) verbietende Verbote in der Bibel zu Verboten sich den Träumen anzunehmen. Das hat im Westen `die Christliche Haltung zu Träumen verändert` (Van de Castle, 1994, p. 79). Dies wurde dann in der Jerusalem Bibel korrigiert. Diese ist seit 1966 auch auf Englisch erhältlich, und in der Römischen Kirche weitgehend anerkannt.

     In Westeuropa war im Mittelalter das Träume deuten ein Monopol der Römisch Katholischen Kirche. Im 6. Jahrhundert, erfolgte eine Weisung (in welcher er St. Augustinus folgte) Gregors dem Grossen, dass es 2 Arten von Träumen gebe. Und zwar den `Somnium coeleste` und den `Somnium Naturale`. Nur Mönche, Priester und eventuell Könige wurden als kompetent erachtet, zwischen den beiden Traumarten zu unterscheiden. Die ersten waren göttliche Offenbarungen, während die anderen aus des Träumers eigenen Gedanken erstanden und somit nicht wichtig sind (Hiestand, 1994, pp. 54 - 55).

     Im Mittelalter sind die Träume weiter als wichtig angesehen worden. Das kann man Anhand von Franziskus von Assisi (1181 - 1226) wie auch bei Pabst Innozenz III, der davon träumte dass Franziskus die Kirche retten würde. Es gab ein ziemlich einflussreiches Handbuch von Makrobius (ein Zeitgenosse Hieronymus`), mit einem Kommentar zu Ciceros Somnium Scipionis. Auch bekannt ist, dass der Heilige Thomas von Aquin sich mit Träumen beschäftigte. Und obwohl er selbst auch einmal einen wichtigen Traum hatte, war er ihnen gegenüber eher negativ eingestellt (Van de Castle, 1994, pp. 80 - 81).

     Makrobius stützte sich bei seinem Werk auf jenes von Artemidoros, aber leider beinhaltete es 2 neue Traumformen, nämlich jene der Albträume und jene der Erscheinungen. Zu den letzteren schrieb er vom Incubus, einem männlichen Dämon der Frauen verführte, und dem Succubus, der männliche Träumer heimsuchte. Damit begann im Mittelalter das Studium der Dämonologie, welche sogar Protestanten wie Martin Luther und den Calvinisten Gaspar Peucer beeinflussten. Ein Teil dieser negativen Einstellung zu Träumen kann man auch bei Sigmund Freud, und sogar in der Haltung zu Träumen der Nazis finden (Van de Castle, 1994, pp. 81 - 85).

     Doch trotz der demotivierenden Haltung der Kirche und Ihres Klerus, waren Traumbücher unter dem Fussvolk oft sehr beliebt und waren unter den ersten Büchern die nach der Bibel gedruckt wurden. Eine Quelle schrieb, dass sie von Hand kopiert wurden. Es war dabei offensichtlich, dass alte Redewendungen oft missverstanden oder durch Schreibfehler unverständlich wurden. Somit entstand allerlei Unsinn, den wir Nachfahren falsch verstehen und auch für unsere Vorfahren verwirrend war: Das hat sie aber nicht sonderlich aufgeregt - jemand soll sich dahingehend geäussert haben, dass ein Traumbuch so vielschichtig wie ein Traum sein soll (Golowin, 1987, pp. 122 - 123).

     Weiter wurde (wieder vom selben Autor) ausgeführt, dass man der allgemeinen Überzeugung war, dass `man nicht nur ein Traumbuch haben soll`. Wie man es auch noch heute gesagt bekommt, waren solche Bücher Schlafzimmerzubehör. Oft hatte jemand eine ganze kleine Bibliothek von Traumbüchern auf dem Nachttisch! Wenn dann jemand erwachte, konsultierte er die Bücher, bevor die Traumbilder im Lichte des neuen Tages `davon flossen und vergessen wurden`. Die Bücher, in welche man am meisten vertraute, waren jene von welchen man sagte, dass es die Ältesten waren. Von einigen wurde behauptet, sie seien von den Biblischen Patriarchen selbst geschrieben worden, andere wieder sollten von den Griechen, Ägyptern, Chaldäern, Arabern, Persern oder den Indern abstammen.

     Im 18. Jahrhundert wurden diese Traumbücher als `Altweiberbücher` verspottet, weil die Frauen sie weiterhin konsultierten. Um Bern waren die Hebammen aber sehr beflissen im Träume deuten. Vor allem zu Träumen in welchen eventuell angekündigt wurde, ob das Kind ein Junge oder ein Mädchen sein wird, wurden sie um Rat befragt.

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