Indische Überlieferungen zum Traum
Nach Van de Castle können verschiedene günstige wie auch ungünstige Trauminterpretationen in den Veden (von ca. 1500 - 1000 v. Ch. geschrieben) gefunden werden. Er sagte `so sei es ein guter Traum einen Elefanten zu reiten, aber einen Esel zu reiten sein ungünstig.` Die Göttin Usas soll die Wirkung ungünstiger Träume positiv beeinflussen können, und es gibt mehrere Gedichte und Lieder, die rezitiert werden können um die "bösen Träume" zu vertreiben. Gegen die Wirkung ungünstiger Träume soll man sich mit einer Reinigung in rituellen Bädern wehren.
Ich zitiere weiter aus dem Buch `Our Dreaming Mind` von Van de Castle:
"Die Atharva Veda beinhaltet mehrere interessante Spekulationen zu den verschiedenen Perioden der Nacht, in welcher ein Traum geträumt wird, und der Zeit in welcher sich ein Traum verwirklichen kann. So sollen die Träume der ersten Nachtperiode erst nach über einem Jahr wahr werden. Träume der 2. Nachtperiode werden nach 8 Monaten wahr, während jene der letzten Periode schon halb realisiert sind. Geschrieben steht auch, dass wenn man mehrere Träume in einer Nacht hatte, dass man dann nur den letzten interpretieren soll. Diese anspruchsvollen Ideen implizieren, dass die jeweilige Zeit, in welcher ein Traum geträumt wird, die hierarchische Anordnung der psychologischen Motivation andeutet. In diesem Schema sind die Themen der ersten Nachtperiode psychologisch noch nicht voll erfasst, und brauchen so länger, um im sich im Alltag zu zeigen, während die Themen der späteren Nachtperioden mental schon weiter gereift sind und sich so schon bald in den täglichen Aktivitäten spiegeln können. Der letzte Traum einer Traumserie könnte so interpretiert werden, dass dieser das unser träumende Sein am meisten beschäftigende Motiv thematisiert.
"Die Upanischaden, welche zwischen 900 und 500 v. Ch. geschrieben wurden, beinhalten vor allem philosophische Abhandlungen zur eigenen Erlösung von der Materiellen Welt. In der Brhadaranyaka Upanischade gibt es 2 Traumtheorien. Eine ist psychologisch und meint, dass gewisse geträumte Gegenstände als Ausdruck des Träumers inneren Wünschen anzusehen sind. `Es gibt keine `echten` Wagen im Staat, keine Pferde, noch Strassen… Er selbst ist der Erschaffer.` In der anderen Theorie, einer metaphysischen Theorie, welche derjenigen der Chinesen gleicht, verlässt die Seele im Schlaf den Körper, und entschwindet in die Ferne wo sie die äusserlich existierenden Pferde und Strassen findet. Und wenn eine schlafende Person allzu plötzlich geweckt würde, dann könnte es sein, dass die Seele dann nicht genug Zeit hat, um wieder in den Körper zurück zu kehren und so würde die Person dann sterben.
"In denselben Upanishaden gibt es eine Beschreibung zu den verschiedenen Zuständen der Seele. Da werden die 2 verschiedenen Ansichten zu den jeweils 2 verschiedenen Zuständen der Seele erklärt. In der ersten wird zwischen dem Zustand der Seele während des Wachzustandes und des Schlafes unterschieden, in der Zweiten wird jedoch kein echter Unterschied gesehen. Ein weiterer Zustand der Seele, der Viz genannt wird, ist der Zustand der Seele während des Traumlosen Schlafes; in diesem Zustand ist die Seele mit dem absolut Reinen vereint.
"Die Auffassung dass es eine Reinkarnation gibt, zeigt sich in den Ideen von Dvivedagana: In der frühen Kindheit handeln die Träume von einem früheren Leben, später sind von den Wahrnehmungen unserer Sinne erfüllt, dann im Alter beinhalten die Träume Visionen einer zukünftigen Welt."
"Die Sushruta Samhita, eine Sammlung von Heil und Chirurgischen Überlieferungen wurde etwa 600 v. Chr. vom Chirurgen Sushruta zusammengestellt. Es enthält einige Kommentare zur Traumdeutung, vor allem zu Träumen die einen Bezug zu Krankheiten haben. Prophetische Träume sind sehr wichtig in den Indischen Epen, vor allem in der Ramayana, die um 200 v. Chr. geschrieben wurde, und der Mahabharata, die etwa 200 n. Chr. geschrieben wurde (Van de Castle, 1994, pp. 59 - 60).
Und wie wir schon beim Thema des Traums in Indien sind, tut einer gut daran, wenn er das Eindrückliche Buch von Wendy Doniger O`Flaherty liest, in welchem sie die komplexen funktionen vom Traum und dem Träumen in der Indischen Religion, Philosophie, Literatur und Kunst analysiert. (O`Flaherty, 1984) In diesem Buch hat sie es geschafft, die Gedanken von so unterschiedlichen Denkern wie Ayschilus, Platon, Freud, Jung, Gödel, Picasso und vielen anderen einfliessen zu lassen.
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